Rettet die ehemalige Synagoge

Der Zahn der Zeit schafft das, was die Nationalsozialisten nicht geschafft haben

Würde man den Aussagen im Internet glauben, dann wäre die Überschrift hinfällig, dann wäre es bereits zu spät und die Synagoge von Weißenfels gäbe es nicht mehr. Denn sowohl bei Wikipedia als auch auf der Seite „Stadtportal für Weißenfels“ kann man lesen: „Die Synagoge in der Nordstraße 14 wurde zerstört.“
Zerstört und ausgeraubt wurde in der sogenannten „Reichskristallnacht“ 1938 der gesamte Innenraum des Versammlungs- und Bethauses der kleinen jüdischen Gemeinde. Übrig geblieben ist nur das Gebäude, das sein Überdauern bis heute der Hinterhoflage zu verdanken hat.
Das eingeschossige Haus ist arg mitgenommen von den Jahren in der DDR, wo es als Werkstatt von der Wasserwirtschaft genutzt und abgenutzt wurde, die sich nicht scherte um den historischen Wert dieser Stätte. Nur die zugemauerten Bögen über den Fenstern lassen noch etwas erahnen vom einstigen Charakter dieses religiösen Ortes.
Und doch haben wir hier einen steinernen Zeugen der Weißenfelser Stadtgeschichte. Denn ohne seine jüdischen Bewohner wäre die kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung der Stadt nicht denkbar gewesen. Die ehemalige Synagoge gehört genauso zu Weißenfels wie das Schloss, das Novalishaus, das Heinrich-Schütz-Haus u.a. Um dieses authentische Gebäude, das letzte Zeichen jüdischen Lebens in Weißenfels zu bewahren, setzt sich das Simon Rau-Zentrum ein, die ehemalige Synagoge zu einem Ort des Erinnerns und Gedenkens und zu einer Bildungs- und Begegnungsstätte werden zu lassen.
Damit dieses Vorhaben Realität werden kann, ist schnelles Handeln geboten, der Satz: „Die Synagoge in der Nordstraße 14 wurde zerstört“ darf nicht bittere Realität werden. Dazu braucht unser Verein die Mithilfe von allen, denen es wichtig ist, diesen Ort des Gedenkens zu erhalten und unser Vorhaben zu unterstützen.

Dieses Bild ist das Älteste, welches wir von der ehemaligen Synagoge haben. Vermutlich ist es in den 1960er-Jahren entstanden. Deutlich zu erkennen: die fehlenden Spitzbogenfenster. Ursprünglich waren diese mit Bleiglas versehen. Nach einem Foto der Synagoge im ursprünglichen Zustand suchen wir seit 2008. Leider hatten wir bisher keinen Erfolg.

Update 2021: Die Sicherung des Gebäudes

Seit Jahren verschlechtert sich der Zustand der ehemaligen Synagoge zunehmend. In einem ersten Arbeitseinsatz im Oktober 2021 wurde deswegen begonnen, das Gebäude zu sichern. Dank der Hilfe von Unterstützer*innen aus Weißenfels, Halle, Leipzig, Berlin und Trenton (New Jersey) wurden Decken mit Stützpfeilern gesichert, eine neue Tür eingesetzt, Schutt aus den Räumlichkeiten entfernt und das Gebäude vom Efeu befreit, der seit Jahren an den Außenwänden wucherte. 

Zudem wurde ein überraschender Fund gemacht: Ein Zeitzeuge berichtete vor vielen Jahren, dass es eine Art Himmel in der 1912 erbauten Synagoge gegeben haben soll. Dieser soll mit Sternen verziert gewesen sein. Im Rahmen der Bauarbeiten wurde dieser Himmel gefunden: eine Art Lichtkuppel in blau mit goldfarbenen Sternen (Magen David) und einer Festverglasung. Diese Lichtkuppel ist eines der wenigen Artefakte, die bis heute überstanden haben.
Eine fachgerechte Bergung muss nun schnellstmöglich organisiert werden.